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Frontex-Nachfolger mit Mandatserweiterung
Die EU möchte diesen Monat die Mandatserweiterung des Frontex-Nachfolgers European Border and Coast Guard, kurz EBCG, beschließen. Ziel der geplanten Verordnung ist vor allem die Bekämpfung irregulärer Migration in die EU. Vorgesehen sind deutlich mehr Befugnisse für die europäische Grenzschutzagentur. Neben deutlich mehr Personal, sieht der Entwurf auch den Einsatz von Waffengewalt, starke Kooperation mit Drittstaaten, Rückführungen von Migrant*innen und eine stärkere Überwachung der Grenzen vor.
Elmar Brok, seit 1980 für die CDU Mitglied des Europaparlaments, findet die geplanten Maßnahmen notwendig und selbstverständlich:
„Jeder Staat macht Grenzschutz. Und wir in Europa haben eine ungeheuer liberale Lösung gefunden, zwischen den Schengen-Ländern keinen Grenzschutz zu machen. Und dafür muss dann der Außengrenzschutz gemacht werden.”
Marie Naas hingegen, Aktivistin bei der Organisation „Solidarity at Sea“ und parlamentarische Assistentin im EU-Parlament sieht das grundlegend anders:
„Ich glaube Migration ist nicht zu bekämpfen. Das einzige was wir da bekämpfen sind Menschenrechte. Und deswegen bin ich grundlegend dagegen, und glaube auch nicht, dass das mit EU-Recht konform durchgesetzt werden kann.”
Besonders kritisiert werden der mögliche Einsatz des Frontex-Nachfolgers in Drittstaaten und die Informationsweitergabe an diese. So soll noch vor Ort verhindert werden, dass Menschen irregulär Richtung Europa aufbrechen.
Kritiker*innen halten das teilweise für völkerrechtswidrig:
„Wir haben bereits die sogenannte libysche Küstenwache, die keinerlei Grundprinzipien respektiert, die eine Küstenwache zu respektieren hat [..]. Mit derartigen Regimen Daten von Menschen, die auf der Flucht sind, zu teilen, halte ich für völkerrechtswidrig[..].”
Die Mehrheit des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des europäischen Parlaments, scheint diese Bedenken zu teilen. In einem ersten Korrekturvorschlag des Entwurfs soll der Drittstaateneinsatz deutlich eingeschränkt werden.
Brok hingegen befürwortet den Drittstaateneinsatz:
„Wenn in Nordafrika den Menschenhändlern das Handwerk gelegt werden soll, dann scheint mir das sinnvoll zu sein. [..] Es muss immer klar sein, dass das nur im Rahmen der internationalen Rechtsordnung geht, unter Beachtung der Genfer Konvention und es darf auch dabei nicht der individuelle Asylanspruch verloren gehen.“
Ob diese Forderung nach Einhaltung des Völkerrechts wirklich realistisch ist, bleibt aber fraglich. Erst Ende März hat Spiegel Online von katastrophalen Zuständen in libyschen Lagern und von immer mehr Folter und Vergewaltigungen geflüchteter Menschen in Libyen berichtet – auch durch aktuelle Partner der EU.
Um die Ziele der Verordnung zu erreichen, müssten in jeden Fall vor allem Fluchtursachen bekämpft und legale Migrationswege geschaffen werden. Nur so werden Menschen nicht mehr vor Krieg und Armut nach Europa fliehen müssen, sind sich Brok und Naass einig. Sie sehen hier eine große Verantwortung Europas. Ein konsequenter Klimaschutz und eine faire Handelspolitik gegenüber ärmeren Staaten seinen unbedingt notwendig. “Solidarity at Sea” fordert außerdem Waffenlieferungen zu stoppen und jegliche Kooperation mit Diktaturen einzustellen.
Bis diese langfristigen Ziele erreicht sind, wird jedoch weiter gebaut, an der Festung Europa.