“Das Private ist politisch” – 50 Jahre Radikalenerlass

Moderation: Martha Blumenthaler ​​Hannah Rosenthal Redaktion: Felix Wilke Gäste: Christiane Bainski, Günter Rexilius, Klaus Lipps, Prof. Dr. Andreas Fisahn, Prof. Dr. Christoph Gusy

28. Januar 1972 – Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt beschließt den sogenannten Radikalenerlass. Bewerberinnen und Bewerber für den öffentlichen Dienst sind daraufhin auf ihre Verfassungstreue geprüft worden. Der Beschluss ist Teil des Beamtengesetztes geworden und verpflichtete Betroffene dazu, „jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes” einzustehen.

Dieses Gebot hat sich nicht nur auf den Zeitpunkt des Eintretens in den Staatsdienst beschränkt. Selbst die politischen Aktivitäten im Rahmen des Studiums oder der Ausbildung sind geprüft worden. Mitglied in der DKP (Deutsche Kommunistische Partei) zu sein, hat schon ausgereicht, um nicht eingestellt oder entlassen zu werden. Es galt also eine Art Generalverdacht.

Der Radikalenerlass hat sich stark auf linkspolitische Aktivitäten beschränkt. Sein Ursprung reicht bis ins Kaiserreich zurück und knüpft an die NS-Zeit an – konkret dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums von 1933. In der Zeit nach 1972 waren bis zu 2250 Bewerberinnen und Bewerber von einem Berufsverbot betroffen und 265 sind aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden.

Ein Berufsverbot oder eine Entlassung hat bis heute Auswirkungen auf die Betroffenen – sie haben beispielsweise eine geringere Rente. Außerdem hat ein Berufsverbot zu einer starken psychischen Belastung der Betroffenen geführt. Hannah Rosenthal und Martha Blumenthaler haben im Zuge ihrer Recherche sowohl Betroffene als auch Verfassungsrechtler interviewt.