Ein Haus wird zum Kunstwerk

Erstellt von: Helen Bielawa

Der Herforder Künstler Nils Hommel hat erst Wirtschaftsingenieurwesen studiert, dann BWL, dann Elektrotechnik. Nebenbei hat er sich mit Tontechnik beschäftigt, Kehrmaschinen repariert, an Autos gearbeitet. Und erst jetzt, mit 38 Jahren hat er sich entschieden, endlich die Kunst zum Beruf zu machen – und direkt ein ganzes Haus zum Kunstwerk gemacht.

Jahrelang hat Hommel sich täglich Ideen aufgeschrieben und in seiner Freizeit einen Bruchteil davon umgesetzt. Irgendwann hatte er eine riesige Liste. „Dann habe ich das Gefühl gehabt, diese vielen Ideen drücken immer noch mehr. Je mehr dazu kamen, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass man eigentlich unbedingt was davon umsetzen und das kann nicht immer alles so niedergedrückt bleiben“, sagt er.

Alte Möbel mit neuem Leben

Also hat Nils Hommel sich vor gut einem Jahr entschieden, das Risiko einzugehen und seine Kunst der Öffentlichkeit zu zeigen, seinen Ideen endlich freien Lauf zu lassen. Seine Oma war gerade aus dem Haus ausgezogen, in dem schon ihre Mutter gelebt hatte und in dem auch Nils Hommel selbst lebt. Seine Familie hat zwar an der Idee gezweifelt, aber ihm das Haus dann aber für erstmal ein Jahr überlassen.

Inzwischen ist aus dem Haus ein begehbares Kunstwerk geworden, mit dem Titel „Das Haus Gerät 1739/5000“. Möbelstücke, Bilder, Haushaltsgeräte sind aus den Dimensionen gerückt, neu zueinander in Beziehung gesetzt, mit alten Kindheitserinnerungen verbunden.

Wer das Haus betritt, steht erstmal vor einer Schrankwand. Nachdem der Schrank sich wie eine Geheimtür dreht und öffnet, gibt er den Blick frei auf den Flur voller Blümchentapeten. Und dann verwandelt die urige Atmosphäre sich. Nils Hommel öffnet den Uhrschrank, darin dreht sich eine angestrahlte Diskokugel. Verwinkelte Spiegel reflektieren das Licht.

Im Keller befindet sich ein ganz besonderer Raum. Schon durch die Tür dröhnen seltsame Geräusche. „Das ist der Raum, der mit sich selber feiert, und auch mit sich selbst Gefühle hat. Es geht auch darum, dass man die Ängste der Anderen nicht kontrollieren kann, das ist so ein bisschen die Thematik”, erklärt Nils Hommel. Alte Lampen aus dem Haus sind hier über eine sogenannte Lichtorgel mit dem selbst komponierten Sound verbunden – sie reagieren auf die Töne, flackern mal mehr, mal weniger. Im roten Licht könnte man fast anfangen zu tanzen, wären da nicht die Flatterbänder auf dem Boden, die es fast unmöglich machen, sich zu bewegen.

Direkt nebenan im Waschkeller fließt aus einer Spülmaschine heraus ein Diastreifen. Darauf zu sehen sind kleine Fotos aus dem Leben des verstorbenen Onkels von Nils Hommel. Der Kontrast zwischen den dunklen Dias und den weißen Waschmaschinen kreiert eine kühle Atmosphäre, gepaart mit warmen Erinnerungen.

Neben der Familiengeschichte interessiert Hommel sich auch für das Haus selbst, für die einzelnen Räume und Möbel. Er hat ein Popcorn-spuckendes Gartenhaus gebaut, eine hochkant stehende Terrasse, zwei Baumkronen ins Bad gestellt, ein Loch vom Dachboden bis in den Keller gebohrt.

Akustische Entdeckungsreise

Neben all den Lichtinstallationen und skulpturalen Arbeiten setzt Hommel sich akustisch mit den Objekten auseinander – die Geräusche verleihen den einzelnen Kunstwerken teils ein Eigenleben. Ein Kellereingang läuft mit Wasser voll, zwei Föhns machen sich selbstständig, ein Kühlschrank macht Musik.

Ein Besuch in diesem Haus ist nicht mit einem Galerie- oder Museumsbesuch vergleichbar. Es ist eine Entdeckungsreise für Augen und Ohren.

Wenn ihr das Haus auch besichtigen wollt, könnt ihr euch direkt bei Nils Hommel melden und eine private kostenlose Führung bekommen.