Persönliche Bereicherung am Geld aller Studierenden durch den AStA?

Wer in der Uni Bielefeld Facebook-Gruppe ist, hat es vielleicht schon bemerkt. Die Bielefelder Hochschulpolitiklandschaft ist mal wieder in Aufruhr. Diesmal geht es um den Haushalt und den Vorwurf der persönlichen Bereicherung am Geld aller Studierenden gegen den AStA. Durch teilweise sachlich falsche Berichte in der Lokalpresse hat der Streit viel Aufmerksamkeit in der Studierendenschaft bekommen. Doch worum genau geht es überhaupt? Hertz 87.9 versucht den Streit aufzuschlüsseln:

Am 19.01 wurde der neue Haushalt der Studierendenschaft durch das Studierendenparlament beschlossen. Die Inhalte des Haushalts sorgen für Kritik aus der Opposition des Stupas. Die neue Vorsitzendes des Ring Christlich-Demokratischer Studenten RCDS Nina Tröster erklärt den größten Kritikpunkt:

„Wir kritisieren vor allem die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen auf den Höchstsatz von 735€ im Monat. Das orientiert sich ja an den Bafög Sätzen; allerdings müsste unserer Meinung nach bei einer Erhöhung der Aufwandsentschädigungen entsprechend auch mit mehr Engagement eine Erhöhung des Aufwands nachgewiesen werden“

Aus der Sicht des AStAs kommt die Kritik zu unrecht, denn die Erhöhung der Aufwandsentschädigung sei gerechtfertigt, erklärt Christoph Dopheide vom AStA:

“Die letzten Jahre orientierten sich die Aufwandsentschädigungen für den Asta, die vollen Aufwandsentschädigungen, an dem Bafög Höchstsatz. Also das war bislang die Praxis jetzt gab es eine Bafög Erhöhung und im Zuge dessen haben wir vorgeschlagen, auch aus politischen Gründen durchaus, weiter daran festzuhalten die Aufwandsentschädigungen tatsächlich an diesem Bafög Höchstsatz gekoppelt zu lassen.”

Es geht im Kern um die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen von 670€ auf 735€ analog zur Bafög Entwicklung. Der Asta sieht diese Erhöhung als gerechtfertigt an. Der RCDS sieht das anders. In der Pressemitteilung des RCDS vom 20.01 heißt es:

„Die Finanzierung durch den AStA hat für viele schon einen sozialamtsähnlichen Status.“

Und weiter

„Mit einer unfassbaren Selbstverständlichkeit wird sich am Geld aller Studenten(sic!) bedient.“

Die Liberale Hochschulgruppe LHG kritisiert ebenfalls die Angleichung an den Bafög Höchstsatz:

„Unserer Ansicht nach, ist dies kein hinreichender Grund, da das Bafög den eigentlichen Zweck hat, den Lebensunterhalt von Studierenden zu sichern. Dies ist jedoch nicht die eigentliche Aufgabe der Aufwandsentschädigungen, auch wenn der eine oder andere diese dazu gebraucht.“

LHG und RCDS werfen dem AStA also persönliche Bereicherung am Geld aller Studierenden vor.

So die unterschiedlichen Meinungen. Aber wie sieht die genaue Verteilung der Gelder eigentlich aus?

Im neuen Haushaltsplan sind für Aufwandsentschädigungen rund 275.000€ vorgesehen. Diese verteilen sich laut dem AStA aber nicht nur auf die Mitglieder des AStAs, sondern auch auf Projektweise beschäftigte, sowie Referent*innen aller Arbeitsgemeinschaften und autonomen Referate. Wegen der Erhöhung auf 735€ sind rund 15.000€ mehr im Haushalt für Aufwandsentschädigungen vorgesehen. Nach dem Haushaltsplan erhalten Personen Aufwandsentschädigungen für ihr ehrenamtliches Engagement innerhalb der Studierendenschaft. Laut dem AStA, verteilt sich die im Haushaltsplan für Aufwandsentschädigungen vorgesehene Summe auf 28 ¼ Stellen. Diese Stellen teilen sich wiederum 65 Personen. So komme kaum jemand auf die vollen Höhe der Aufwandsentschädigung, da sich mehrere Personen eine Stelle teilen. Die 18 AStA Mitglieder teilen sich zum Beispiel 10 Stellen.

Trotz dieser Aufteilung kritisiert der RCDS die Erhöhung:

“735€ pro Monat sehen wir einfach als viel zu hoch an. Das kann einfach in dieser Höhe nicht sein und wenn man dann guckt das für die Aufwandsentschädigungen im Haushalt ein Posten von über 270000€ vorgesehen ist und sich diese 270000€ laut eigener Aussage des AStA auf 65 Personen verteilen dann denk ich kann man da definitiv von einem Sozialamtsähnlichen Status sprechen.”

Angesprochen auf die Höhe und Notwendigkeit der Aufwandsentschädigungen stellt der Finanzreferent des AStAs Christoph Dopheide seine Sicht so dar:

“Das bedeutet für viele die im AStA engagiert sind, dass sie eben nebenher noch arbeiten müssten wenn der RCDS mit seiner Auffassung da recht hätte. Aus meiner Sicht ist das kaum möglich. Für bestimmte Tätigkeiten im AStA seh ich einfach nicht wie da nebenher noch ein Studijob irgendwie zu machen sein soll“.

Nina Tröster vom RCDS behauptet nun auch eigentlich kein Problem mit Aufwandsentschädigungen an sich zu haben:

“Also wir haben kein Problem damit das bei Aufgaben die wirklich viel Aufwand erfordern auch eine entsprechende Entschädigung gezahlt wird. Wogegen wir uns eben aussprechen ist die Finanzierung von Arbeitsgruppen die teilweise sehr sehr ähnliche Aufgaben haben.”

Konkret geht es dabei um die „politischen“ Arbeitsgemeinschaften wie die Antifa AG (18580€), Antira AG (13435€) und die AG freie Bildung(11200€). Diese AG bekommen laut dem Haushaltsplan rund 43000€ zur Verfügung. Der RCDS kritisiert die Unterstützung dieser Gruppen:

„Weil das für uns linksextreme Gruppen sind die dementsprechend einfach nicht die Interessen aller Studierenden vertreten können.“

Die Einrichtung von AGs ist eine politische Entscheidung des Studierendenparlaments und nicht des AStAs. Der Haushalt wird zwar vom Finanzreferenten des AStAs aufgestellt und vom Stupa verabschiedet. Mitglieder des AStAs scheiden mit der Wahl aber aus dem Stupa aus. Da eine breite Mehrheit im Stupa die Arbeit der Agen trägt sind diese politisch von der Studierendenschaft legitimiert.
Diese Legitimität spricht der RCDS allerdings ab:

„Das sich aus diesem politischen Mandat was die da haben angeblich nur eine bedingte Pflicht zur Ausgewogenheit ableitet. Also für mich ehrlich gesagt schrillen da alle Alarmglocken. Der AStA ist der Allgemeine Studierendenausschuss. Bei einer Wahlbeteiligung von 10% kann man da auch denke ich auch nicht davon sprechen das das repräsentativ ist für alle Studierenden und deshalb sehen wir das einfach nicht als eine ausgewogene Repräsentation an“

Allerdings kann man den AStA nicht für die politische Unterstützung der AGen im Stupa verantwortlich machen.
Zwar schlägt der AStA den Haushalt vor aber die politische Entscheidung trifft das Stupa. Die Unterstützung dieser Agen muss man also vor allem der Mehrheit im Stupa vorwerfen. Auch die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen wurde vom AStA nur vorgeschlagen, beschlossen hat ihn eine Mehrheit im Stupa.

Ca 16€ von unserem Semestergebühren gehen an die Studierendenschaft. Von diesem Geld wird die Arbeit des AStA, der Referate und Agen finanziert aber auch Hertz 87.9 bekommt einen Teil ab. Aus diesem Topf werden auch die Aufwandsentschädigungen gezahlt. Auf der letzten Sitzung des Studierendenparlaments wurden der neue Haushalt der Studierendenschaft beschlossen. Ein Teil davon ist die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für AStA Mitglieder aber auch projektweise Beschäftigte, sowie Referent*innen aller Arbeitsgemeinschaften und autonomen Referate. Die Höhe der Aufwandsentschädigungen beträgt künftig 735€. Die LHG und der RCDS kritisieren die Höhe und den angeblichen „Sozialamtsähnlichen Status“ der Entschädigungen. Sie werfen dem AStA persönliche Bereicherung am Geld aller Studierenden vor. Angesprochen auf diese Kritik, ist der Finanzreferent des Astas Christoph Dopheide verärgert:

“Der RCDS und die LHG ignorieren im Prinzip in ihren Pressemitteilungen komplett, dass es ein demokratisches Verfahren gibt in der Studierendenschaft in der ein Haushaltsplan beschlossen wird, in der ein Asta gewählt wird, in der tatsächlich so etwas wie eine demokratische Legitimation stattfindet. Die wird einfach ignoriert und es wird behauptet dort würde sich irgendwie ein Klüngel selbst oder persönlich bereichern.“

Der AStA kritisiert, dass die Anschuldigungen von LHG und RCDS den Eindruck erwecken würden, dass der AStA intransparent und rechtswidrig agiert. Der RCDS wiegelt den Vorwurf ab:

„Wenn dieser Eindruck entstanden ist, weiß nicht, das kann man denk ich verstehen wie man will. Uns ging es darum, die Aufmerksamkeit da einfach mal drauf zu lenken wo dieses Geld eigentlich genau hinfließt. Weil wir der Meinung sind dass das viele Studenten nicht wissen.“

Den Vorwurf der mangelnden Transparenz möchte der AStA nicht gelten lassen:

“Darüber hinaus ist es ja so das der AStA gegenüber dem Stupa eine Berichtspflicht hat und der wird auch regelmäßig nachgekommen und diese Berichte sollten eben auch in Stupa Protokollen nachzuvollziehen sein. So ist zumindest einmal im Monat meistens ein Stupa Protokoll zu finden in dem tatsächlich der AStA auch berichtet über seine Tätigkeit.”

Doch das Protokoll der Sitzung des Stupa in der der neue Haushalt beschlossen wurde, ist noch nicht veröffentlicht. Das einzige Protokoll das auf der Internetseite des Stupas zu finden ist, ist das der konstituierenden Sitzung vom 21.07.2016. Auf Nachfrage von Hertz 87.9 beim Stupa hieß es zum Protokoll dieser Sitzung:

“Leider ist das Protokoll noch nicht genehmigt, daher könnten wir es nicht hergeben, selbst wenn es uns bereits vorliegen sollte (was es nicht tut).”

Zwar sind die Sitzungen des Stupas öffentlich, aber zumindest hier ist der Vorwurf mangelnder Transparenz an Stupa und AStA nicht unbegründet.

Die LHG und der RCDS haben mit ihren Pressemitteilungen und der folgenden Berichterstattung in der Lokalpresse viel Aufsehen erregt. Die Neue Westfälische veröffentlichte einen Artikel, der im Kern nur aus den Vorwürfen vom RCDS und der LHG bestand und teilweise sachliche Fehler enthielt. Trotzdem hat er viel Aufmerksamkeit in der Studierendenschaft ausgelöst. Der AStA reagierte mit einer Gegendarstellung, die der NW zuging und auch in der Poolpropaganda veröffentlicht wurde. Diese Gegendarstellung wurde von der NW allerdings nur für einen weiteren Artikel benutzt, in dem teilweise Fehler in der Berichterstattung eingestanden wurden. Allerdings wurde die Gegendarstellung selber nicht veröffentlicht. Dem AStA reicht dies nicht:

“Also was wir auf jeden Fall sind ist unzufrieden. Wir haben tatsächlich nicht um eine Gegendarstellung gebeten wie es im Artikel steht, sondern wir haben sie gefordert und da sie nicht erfolgt ist in dem Rahmen in dem eine Gegendarstellung Presserechtlich eigentlich zu erfolgen hat müssen wir uns jetzt halt überlegen wie wir damit umgehen.“

Die Verabschiedung des Hauhaltsplans der Studierendenschaft für das Jahr 2017 führte zu Anschuldigungen zwischen dem AStA und dem RCDS und der LHG und einer zweifelhaften Rolle einer Bielefelder Tageszeitung. Was weiter im Raum steht, ist der Vorwurf der Bereicherung am Geld aller Studierenden und der Vorwurf mangelnder Transparenz. Der AStA ist der Meinung, dass politische Gegnerschaft in demokratischen Verhältnissen anders ausgetragen werden sollte, als durch falsche Anschuldigungen. Desweiteren werden sowohl die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen als auch die Finanzierung vermeintlich linksextremen Agen von einer breiten Mehrheit des Stupas getragen. Somit sind sie politisch durch die Studierendenschaft legitimiert. Der RCDS und die LHG sehen sich dagegen als Vertreter der Studierenden, die sich nicht in der breiten linken Mehrheit im Stupa wiederfinden und kritisieren vermeintliche linke Klientelpolitik und die vermeintliche Selbstverständlichkeit beim Bedienen am Geld aller Studenten (sic!). Was ihnen bereits gelungen ist, ist das Schaffen von neuer Aufmerksamkeit für den hohen Haushalt der Studierendenschaft. Allerdings auf Kosten einer vergifteten Stimmung in der Hochschulpolitik durch den Vorwurf der persönlichen Bereicherung.